TON STEINE SCHERBEN Über die Keramik von Christina Wiese Wer
Christina Wiese bei der Arbeit beobachtet, erkennt schon bald hinter der
technischen Fertigkeit Gesten des Bewahrens, des Hütens, als ginge es ihr
darum, etwas aufzubewahren, als versuche sie, der Zeit habhaft zu werden, sie
anzuhalten. Sie
läßt werden, beobachtet das Wachstum des Werkes an sich selbst, wissend daß
ein jeder Anfang etwas anderem ein Ende setzt. Sie
verbindet die Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser zu einem subtilen ästhetischen
Ganzen, sie bedient sich etruskischer Techniken, sie setzt die Zeit und den Raum
in Beziehung zu Altem und Neuem. Das klingt schön und soll sein, doch wie wird
diese Schönheit konkret, wie wird sie fassbar, anfassbar? Was verbirgt sich
dahinter? Am
Beispiel der Dosen für einen Stein
läßt sich Christina Wieses Arbeit beschreiben. Ein
Stein eine antike Scherbe, Fossilien, altes Eisen, schlichte Fundstücke,
Strandgut, am Wegesrand oder am Strand aufgelesen, ein solches Ding, Teil eines
ehemaligen Ganzen, wird zu neuem Leben erweckt, indem es Bedeutung erhält.
Wieses Keramikdosen umhüllen den Stein, verbergen ihn oder geben ihn preis,
stellen ihn dar, jedenfalls verleihen sie ihm eine Relevanz, die ihn in die
Besonderheit hebt, die ihn unterscheidet von all den anderen Steinen.Es geht
nicht allein um den ästhetischen Ausdruck, sondern auch um die Geschichten, die
erzählt werden. Der
Zauber, der den Betrachter umfängt, läßt sich schwer beschreiben, denn man
gerät dabei unweigerlich in einen Sog, der wegzieht vom kunstphilosophischen
Vokabular, plötzlich findet man sich in magischen Gefilden wieder, ist es Kunst
oder Alchemie? Beides? Immer
wieder dreht sich alles um Ursprung, Vergänglichkeit und neues Leben.
Wieses Türme stehen stolz im Garten, befreit und bedeutsam, unendlich
endlich. Text
von Jutta Taubmann, Sozialwissenschaftlerin, sie beschäftigt sich mit Anfängen,
Enden und Kreisen
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